Erinnerungen an Marler Kult-Kiosk Die Bude gehörte Herbert Riedels Schwiegervater

Redakteur
Herbert Riedel steht an der Ecke Kamp- und Rappaportstraße. In der Hand hält er ein Foto des Kiosks, der hier einst stand.
Herbert Riedel steht an der Ecke Kamp- und Rappaportstraße. In der Hand hält er ein Foto des Kiosks, der hier einst stand. © Privat/Patrick Köllner
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Zu den eher unbekannten Phänomenen im Marler Straßenverkehr gehört ein auf einer Länge von gut zwei Metern abgesenkter Bordstein in Drewer-Nord. Wer vom Lipper Weg aus auf der Kampstraße in Richtung Brassert fährt, findet die Stelle an der Kreuzung mit der Rappaportstraße auf der rechten Seite vor der Ampel. Der Blick auf den Rad- und Fußweg daneben sowie die Grünanlage dahinter führt zu keiner Erkenntnis. Gut, dass wir uns mit Herbert Riedel treffen. Der bald 80-jährige Marler kennt das Geheimnis.

Wahrzeichen der Bereitschaftssiedlung

„Die Stelle wurde eingerichtet, damit mein Schwiegervater mit seinem Auto besser den Kiosk erreichen konnte“, verrät Herbert Riedel. Die kleine Bude an der Ecke gehörte zu den „Wahrzeichen“ der Bereitschaftssiedlung. Betreiber war über viele Jahre Herbert Riedels Schwiegervater. Aus dessen Nachlass stammen Fotos, die an alte Zeiten erinnern. „Mein Schwiegervater wurde 1920 geboren und war zuvor bei der Stadt beschäftigt“, sagt Herbert Riedel. Nach einem Verkehrsunfall machte er sich selbstständig.

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Blick in die Bude: So sah es in dem legendären Kiosk von innen aus. © Privat

Die Bude wurde schnell zu einem beliebten Anlaufpunkt. Stammkunden waren natürlich die Schüler des Doppelgymnasiums, die sich nach Schulschluss auf dem Heimweg mit Süßigkeiten oder Getränken eindeckten. Außerdem hielten viele Arbeiter des Chemieparks nach Feierabend an, um Zigaretten oder das eine oder andere Bierchen mitzunehmen. Früher fuhren noch wesentlich mehr Arbeiter mit dem Werkfahrrad nach Hause. „Das war ja noch die CWH“, erinnert sich Herbert Riedel. Von den Chemischen Werken Hüls hatte sein Schwiegervater auch den Kiosk gepachtet.

Das Gebäude war ein rechteckiger Betonklotz mit dem typischen Charme einer Ruhrpott-Bude. Die Eingangstür wurde eingerahmt von mächtigen Zigarettenautomaten auf der linken sowie Kaugummi- und PEZ-Automaten auf der rechten Seite. Unter den Automaten stand eine kleine Bank für Leute, die sich darauf ausruhen wollten. An der Hauswand gab es ein Schaufenster und ein weiteres Fenster mit einer kleinen Durchreiche für den Außenverkauf. Daneben hing die für Verkaufsstellen dieser Art unverzichtbare Langnese-Fahne. Damals noch mit dem alten Logo.

Neben dem Kiosk an der Ecke Rappaport- und Kampstraße steht ein echter Klassiker: ein VW Käfer.
Neben dem Kiosk an der Ecke Rappaport- und Kampstraße steht ein echter Klassiker: ein VW Käfer. © Privat

Waldbaur und Wicküler

Zum Sortiment gehörten neben heute noch bekannten Evergreens wie Coca-Cola und Fanta auch Minzbonbons der Marke Faam, Waldbaur-Schokolade, Cliff-Zigaretten, Pralinen von Lohmann und Weinbrandbohnen von Sprengel. Und für „Männer wie wir“ gab es das einst schwer angesagte Wicküler Bier. Lotto- und Toto konnte auch gespielt werden. Wann genau die Fotos entstanden und wann der Kiosk abgerissen wurde, kann Herbert Riedel nicht sagen. Vor Ort erinnert heute nichts mehr daran. Geblieben ist nur der abgeflachte Bordstein.

Dieser abgeflachte Bordstein an der Kampstraße führte früher zum Kiosk. Der befand sich rechts an der Stelle, an der jetzt die Sträucher wachsen.
Dieser abgeflachte Bordstein an der Kampstraße führte früher zum Kiosk. Der befand sich rechts an der Stelle, an der jetzt die Sträucher wachsen. © Patrick Köllner