Insekten in Lebensmitteln Müllerin aus Dorsten kann sich „einen Verkauf noch nicht vorstellen“

Volontärin
Barbara Mense stützt sich auf Mehlsäcken, auf denen Premium-Qualität steht, ab.
Barbara Mense, Geschäftsführerin der Mühle Mense, kann sich derzeit nicht vorstellen, Lebensmittel mit Insekten zu verkaufen. © Julian Schaepertoens
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Seit 24. Januar ist eine neue EU-Verordnung in Kraft, die es erlaubt, Hausgrillen und Getreideschimmelkäfer in Nahrungsmitteln zu verwenden, zum Beispiel in Backwaren, Suppen, Getreideriegeln, Soßen oder Fleischersatzprodukten. Seit 2021 dürfen bereits Mehlwürmer und Europäische Wanderheuschrecken als Zutaten in Produkten vorkommen.

In der Mühle Mense werden bisher keine Produkte mit Insekten angeboten, wie Geschäftsführerin Barbara Mense erklärt. Pauschal ausschließen würde sie den Verkauf nicht, aber: „Momentan kann ich mir den Verkauf noch nicht vorstellen“, sagt sie. Anbieten würde sie solche Lebensmittel ohnehin nur, wenn sie separat stehen und sehr, sehr deutlich gekennzeichnet wären.

Keine Nachfrage bei Kunden

Nachgefragt werden Lebensmittel mit Insekten bei der Mühle Mense allerdings noch nicht. „Ganz im Gegenteil, unsere Kunden fragen, ob bei uns noch alles ohne Insekten ist“, betont Barbara Mense. Zudem seien ihr bislang auch noch keine Produkte für ihren Bioladen an der Glück-Auf-Straße angeboten worden, in denen Insekten verarbeitet wurden.

Aber sind Insekten überhaupt „bio“? „Nein, nicht automatisch“, sagt Barbara Mense. Wie bei allen anderen Lebensmitteln müssten sie aus einem zertifizierten Bio-Betrieb stammen und der EU-Ökoverordnung entsprechen. Mittlerweile gebe es Betriebe, die Insekten in Bio-Qualität züchten würden.

Hohe Eiweiß-Qualität

In ihrer Mühle kann Barbara Mense keine Insekten als Zutaten verarbeiten. „Das spezifische Gewicht, Form und Fließeigenschaften sind anders als bei Getreide. Die rechtlichen Grundlagen sind für die Verarbeitung tierischer Produkte andere als für pflanzliche Lebensmittel“, erklärt sie.

Bandnudeln liegen in einem Meer von Getreideschimmelkäfern.
Unter anderem hat die Europäische Union Getreideschimmelkäfer als Zutat in Lebensmitteln erlaubt. © picture alliance/dpa

Trotzdem hätten Insekten auch Vorteile: eine hohe Eiweiß-Qualität, Ressourcen-Sparung bei der Aufzucht und weniger Treibhausgase bei der Herstellung. „Um 50 Gramm Eiweiß aus Mehlwürmern zu gewinnen, fallen ein Kilogramm CO2-Äquivalent an. Für die gleiche Menge Eiweiß sind es bei Hühnern drei Kilogramm und bei Rindern sogar zwölf Kilogramm CO2-Äquivalent“, betont Barbara Mense. Sie würde trotzdem anderes Eiweiß bevorzugen.

Fehlende Akzeptanz

Dorstens Unternehmerin des Jahres 2021 hat sich übrigens noch nicht getraut, Insekten zu essen. „Gebäck mit Insekten werde ich bestimmt irgendwann einmal probieren, um zu beurteilen, wie es schmeckt“, sagt die Geschäftsführerin. Momentan würden ihr aber andere Speisen besser gefallen. Außerdem sei sie kreativ genug für einen abwechslungsreichen Speiseplan.

Barbara Mense kann sich nur schwer vorstellen, dass sich Nahrungsmittel mit Insekten in Deutschland durchsetzen werden. „Die Akzeptanz für neue Produkte, die aus Insekten gemacht werden, fehlt“, meint sie. Zudem glaube sie nicht, dass jemand, der gerne Fleisch isst, ein Steak durch eine Mehlwurm-Bullette ersetzen würde.

Außerdem betont sie: „Die Eiweißversorgung ist für uns in Europa unproblematisch. Und wer das Klima schützen möchte, findet reichlich pflanzliche Alternativen.“